Gentechnik im Lebensmittelbereich

Gentechnik im Lebensmittelbereich
Gentechnik im Lebensmittelbereich
 
Die Anwendung gentechnischer Methoden bei der Produktion von Lebensmitteln beschränkt sich heute auf die Produktion von Lebensmittelhilfsstoffen und auf die Züchtung von Nutzpflanzen mit neuen Eigenschaften. Die moderne Pflanzenzüchtung versucht mithilfe der Gentechnik Pflanzen zu schaffen, die gegen Krankheiten und Herbizide (Mittel zur Unkrautvernichtung) resistent (widerstandsfähig) sind oder als nachwachsende Rohstoffe von der Industrie verwertet werden können.
 
 Lebensmittelhilfsstoffe
 
Lebensmittelhilfsstoffe werden u. a. zur Herstellung von Lebensmitteln benötigt wie z. B. das Enzym Chymosin (Labferment), das zum Dicklegen von Milch bei der Käseherstellung genutzt wird. Chymosin kann auf natürlichem Wege aus den Mägen von geschlachteten Kälbern oder gentechnisch durch heterologe Expression hergestellt werden. Beide Enzyme sind absolut identisch. Neben Chymosin gibt es eine Reihe weiterer Enzyme, die gentechnisch produziert werden. Man findet sie als Fett abbauende Lipasen in Waschmitteln ebenso wie als Glucoseoxidase in Teststreifen zur Blutzuckerbestimmung.
 
 
Eine weit größere Rolle spielt die Gentechnik bei der Züchtung von Nahrungs- und Nutzpflanzen. Durch den Einsatz der Gentechnik in der Pflanzenzüchtung wird versucht, den wichtigsten Nutzpflanzen neue Eigenschaften zu geben.
 
Einer der wichtigsten Helfer in der »grünen Gentechnik« ist ein Bodenbakterium mit dem Namen Agrobacterium tumefaciens. Dieser Mikroorganismus ist in der Lage, einen Teil seines Erbgutes, die T-DNA, in Pflanzenzellen zu übertragen. Diese Übertragung löst bei Pflanzen das Wachstum von tumorartigen Geschwulsten, den Wurzelhalsgallen aus. Anstelle der tumorauslösenden Gene können andere Gene mit speziellen Eigenschaften in die T-DNA eingebaut und so in die Pflanze übertragen werden. Diese Methode ist sehr effektiv, kann aber nicht bei allen Pflanzen angewendet werden.
 
Eine weitere Methode zur DNA-Übertragung ist die Protoplasten-Transformation. Aus Pflanzenzellen werden durch Behandlung mit Enzymen Protoplasten, d. h. Zellen ohne Zellwand, hergestellt. Diese Protoplasten werden mit der rekombinierten DNA vermischt. Dabei dringt ein geringer Teil der DNA in die Zellen ein. Die Effektivität dieser Methode ist gering. Eine weitere Übertragungsmethode ist der Beschuss mit DNA.
 
Inzwischen wurde eine Vielzahl von Genen durch die ein oder andere Methoden in Pflanzen eingebracht, so z. B. ein Gen, das die Widerstandsfähigkeit gegen ein nicht selektives Herbizid mit dem Markennamen BASTA vermittelt. Bei BASTA handelt es sich um Phosphinotricin, einen Stoff, der das pflanzliche Enzym Glutaminsynthetase hemmt, wodurch der Stickstoffstoffwechsel der Pflanze gestört wird und diese abstirbt. Um eine Nutzpflanze gegen BASTA resistent zu machen, wird das Gen der Phosphinotricin-Transacetylase (PPT-Transacetylase) aus einem Bodenbakterium in die Pflanze eingebracht. In der entstandenen transgenen Pflanze wird nun die bakterielle PPT-Transacetylase produziert, wodurch das Phosphinotricin so verändert wird, dass es die Glutaminsynthese nicht mehr hemmen kann. Das Resultat ist, dass die transgene Pflanze trotz des Einsatzes von Phosphinotricin überlebt. In den Vereinigten Staaten werden BASTA-resistente Pflanzen wie Sojabohnen und Baumwolle bereits auf großen Flächen angebaut.
 
Ein weiteres Beispiel für eine auf dem Markt befindliche gentechnisch veränderte Pflanze ist die Flavr-Savr oder »Anti-Matsch«-Tomate. In diese Tomate wird ein Antisens-Konstrukt (Gegensinnkonstrukt) für das Enzym Polygalacturonase (PG) eingebracht. Normalerweise zerstört die PG in reifenden Tomaten die stabilisierenden Zellwände; die Tomate wird matschig und unansehnlich. Um diesen Prozess aufzuhalten, wird das Gen für die PG in umgekehrter Orientierung in die DNA der Tomatenpflanzen eingebracht. Die Transkription (Umsetzung) dieses Antisense-PG-Genduplikats führt zu einer Antisense-mRNA, die ergänzend zur natürlichen mRNA der PG ist. Die Folge ist, dass beide RNA-Stränge miteinander verkleben und in dieser Form nicht mehr in Proteine übersetzt werden können. Die Tomate bildet daher keine aktive PG und bleibt auch im vollreifen Zustand lange fest. In der Pflanzenzüchtung versucht man, wichtige Nutzpflanzen wie Kartoffeln, Zuckerrüben oder Getreidepflanzen mithilfe gentechnischer Methoden resistent gegen Schädlinge zu machen. Ziel dieser Bemühungen ist es, den heutigen Nutzpflanzen wieder Abwehrmechanismen gegen Pflanzenschädlinge zu geben. Der Einsatz gentechnischer Methoden ist umstritten. Risiken und Chancen können jedoch oftmals noch nicht objektiv beurteilt werden, da die Gentechnik eine noch relativ junge Wissenschaft ist.

Universal-Lexikon. 2012.

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